Ende März 2019 durfte ich mir die Aufzucht des „Duke of Berkshire“ anschauen, einer Schweinenrasse, die exklusiv für den Verkauf im Handelshof gezüchtet wurde.
Dirk Nennen ist der „Erfinder“ des „Duke of Berkshires“. Er kontaktierte mich nach einer Bestellung bei CarneCulina und fragte, ob ich Interesse hätte mal die Aufzucht und Haltung zu besuchen, um mir einen Eindruck zu machen. Das fand ich ein tolles Angebot. Um das nicht als Exklusivveranstltung für mich stattfinden zu lassen, fragte ich noch etwas rum, wer nicht noch mitkommen möchte. Micha von Lev BBQ hatte auch Interesse und wurde auf dem Weg von Dirk in Leverkusen abgeholt. Ich wurde anschließend in Münster eingesammelt und wir machten uns auf den Weg nach Leer.
Zur Aufzucht des „Duke of Berkshire“
Alles an der Aufzucht ist eigentlich besonders. Schon die Rasse „Berkshire“, von denen immer der Eber abstammt, steht noch auf der roten Liste und wird nur in 4 Zuchten auf der Welt gehalten. Unter anderem bei Kees Scheepens in Holland. Von hier stammen die Eber, die auf dem Hof Erchinger in Leer mit einer Landrasse-Sau gekreuzt werden. Die Ferkel aus der Kreuzung nennt sich dann „Duke of Berkshire“.
In Leer, genauer Logabirum, wurden wir von Landwirt Johannes Erchinger auf seinem Hof empfangen und auf einem Anhänger stehend, des sogenanten Schweine-Taxi, zu den Aufzuchtflächen gefahren. Ein richtiges Erlebnis.
Den Sauen stehen in der Outdoorhaltung jeweils eine Hütte und ungefähr 300qm im Freiland zur Aufzucht der Ferkel zur Verfügung. 4 Wochen bleiben die Ferkel bei ihrer Mutter und gehen dann weiter in strohausgelegte Outdoorställe in Gruppen von ca. 60 Tieren. Dort wachsen sie zusammen etwa 10 Wochen weiter auf.
Außenstall
Nach dieser Zeit gehen die Ferkel nach Samern in den Außenklima-Stall von Dr. Jens van Bebber, der auch persönlich zum Stall gekommen ist. Das hat 2 Gründe. Erstens steht dem Hof in Leer nicht genug Platz zur Verfügung die Tiere weiter aufzuziehen. Weiter ist es noch nicht erlaubt einen Außenklima-Stall zu bauen, das geht durch Umbau eines konventionellen Stalls.
Hier haben die Schweine genug Platzbei der Aufzucht. Der Stall ist für 1800 Schweine zugelassen, es sind aber nur 1000 höchstens im Stall. So erreicht Jens van Bebber fast 100% unversehrte Ringelschwänze.
In Ihren Boxen haben die Tiere so viel Platz, sodass Schlafen, Fressen und Koten auch in 3 verschiedenen Bereichen stattfinden kann. Es gibt einen überdachten, mit Stroh eingestreuten Schlafbereich, einen Fressbereich in der Mitte und am Stallrand einen Kotbereich. Dort kann der Urin schnell durch Spaltenböden ablaufen und wird unterirdisch aus dem Stallbefördert. So entsteht kaum Ammoniak Geruch im Stall.
Weiter werden die Tieren auf dem Boden gefüttert, sodass sie es auch selber erschnüffeln und suchen müssen. Diese Haltung kommt dem Wort „Artgerecht“ wohl am nächsten.
So wachsen die Tiere auf bis sie mindestens 7 Monate alt sind. Dann geht es zu einem regionalen Schlachtbetreieb. Jens van Bebber erzählte mir, dass er bei der Verladung der Schweine keinen Stress auf die Tiere ausübt. „Schweine sind viel zu neugierig, die gehen irgendwann auf den Wagen.“ Den Haltern ist es auch durchaus bewusst, dass genau dieser Stress am Ende die ganze Arbeit zunichte machen würde. Das Adrenalin im Schwein, hat enorme Auswirkung auf die spätere Fleischqualität.
Mein Fazit:
Ich bin wirklich begeistert von dem ganzen Konzept. Besonders beeindruckend an dem ganzen Tag war es die Schweine mal richtig beobachten zu können. Kühe, Schafe, Hühner oder Pferde sieht man überall draußen stehen, Schweine jedoch eher selten. So hatte ich das Gefühl, dass ich das erste Mal in meinem Leben so wirklich Ferkel gesehen habe. Diese Neugierde der Tiere hat mich auch schwer eingenommen. Ich hatte Ewigkeiten meine Hand bei den Tieren, die jeweils nur einmal dran gerochen haben und dann war es für sie ok und das nächste Tier durfte. Ich habe einen ganz neuen Blick auf das Tier Schwein.
Wusstet ihr, dass Schweine auf der Liste der 15 intelligentesten Tiere direkt auf einer Stufe mit dem Hund stehen?
Weiter habe ich mich seitdem schon öfter erwischt, dass ich kein Fleisch gekauft habe, weil ich es nicht zum Bauern. Metzger oder Markt geschafft habe. Das hat mich hoffentlich langfristig sensibilisiert.
Auch habe ich mich gefragt, wie bei der ganzen Arbeit, die geleistet wird, das Kilo Fleisch immer noch NUR 10 – 25 € kosten kann.
Das Konzept des „Duke of Berkshire“ beinhaltet übrigens völlige Transparenz. Das heißt nicht, dass ihr ungekündigt die Höfe und Ställe betreten könnt, aber mit Anmeldung könnt ihr euch auf jeden Fall alles persönlich anschauen.
Vielleicht nutzt ihr das auch mal. Es lohnt sich!